SOS: Wildtier gefunden

Beim Spaziergang durch den Wald finden Sie ein flauschiges Wesen mit großen Augen. Es scheint unbeholfen am Boden herumzuhopsen. Sie ahnen, dass es ein Jungtier ist und fragen sich, ob es Hilfe benötigt. Diese Situation erleben jedes Frühjahr Hunderte von Spaziergängern. Meist handelt es sich um ein Eulenküken, das aus Neugier oder Platzmangel das Nest verlassen hat und nun am Boden hockt. Selten ist dann aber menschliche Hilfe notwendig, denn die Elterntiere sind meist in der Nähe und versorgen ihren Nachwuchs am Boden weiter. Schwirren über dem Kleinen jedoch dicke Fliegenbrummer herum, ist dies meist ein Zeichen dafür, dass das Tier seit längerem unversorgt ist. Dann ist Ihre Hilfe gefragt! Grundsätzlich gilt, dass Sie die Situation erst beobachten sollten. Denken Sie bei Tier-Kontakt auch an den Eigenschutz (z.B. im Straßenverkehr, beim Einfangen eines wehrhaften Tieres, etc.). Sie sollten ruhig handeln und leise sprechen, um den Stress für das betroffene Tier so gering wie möglich zu halten.

Die Klassiker

  • Fensteranflug-Opfer

    Wenn ein Vogel gegen eine Scheibe geflogen ist und etwas benommen aber unverletzt am Boden hockt, helfen Sie ihm am besten, in dem Sie ihn z.B. in einen geschlossenen Karton an einen ruhigen, katzensicheren Platz stellen. Der Vogel hat dadurch die Möglichkeit, sich von dem Anflug zu erholen. Überlegen Sie, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie mit voller Wucht gegen eine Scheibe gerannt wären! Bitte keine Nahrung und Wasser anbieten! Nach ca. 2 – 3 Stunden können Sie den Karton im Freien öffnen. Im besten Fall fliegt der Vogel davon. Sollte er jedoch nach kurzer Zeit nicht wegfliegen, bringen Sie den Vogel bitte in eine sachkundige Pflegestation.


  • Hände weg von Jungtieren

    Haben Sie das Gefühl, ein junges Wildtier ist verletzt oder verwaist, beobachten Sie es zunächst aus sicherer Entfernung. Nicht jedes aufgefundene Jungtier braucht tatsächlich Hilfe! Ein Beispiel: Rehkitze und junge Feldhasen sind oft allein anzutreffen, da diese von ihren Müttern nur kurz und höchstens dreimal täglich versorgt werden. Die meisten Singvögeln, Greifvögel und Eulen verlassen ihr Nest bevor sie fliegen können, da das Nest zu eng geworden ist und sie Bewegungsdrang verspüren. Die Eltern sind meist in ihrer Nähe und versorgen die im Umfeld des Nestes verteilten Jungtiere weiter. Sollten Sie in der Jungtierzeit (März – August) einen flugunfähigen Vogel beobachten, der am Boden sitzt, handelt es es sich meist um einen sogenannten Ästling – einen befiederten, noch flugunfähigen Jungvogel. Beobachten Sie ihn aus etwas Distanz, ob die Elternvögel ihn versorgen. Das kann über eine Stunde betragen. Wenn der Jungvogel am Boden in Gefahr sein sollte, können Sie ihn einfach auf einen Ast im Gebüsch setzen. Eltern- und Jungtiere haben meist Rufkontakt und finden, wenn sie ungestört sind, wieder zu einander. Anders verhält es sich natürlich, wenn man ein Jungtier in der Nähe des toten Muttertieres findet, die z.B. Opfer durch den Straßenverkehr wurde. Diese Jungtiere benötigen natürlich schnell professionelle Hilfe.


  • Infos zum Igel

    Bevor Igel in den Winterschlaf gehen, sollten sie min. 400g wiegen. Wenn Sie einen Igel beobachten, der deutlich weniger wiegt und die Nächte bereits Frost haben, erkundigen Sie sich bitte bei einer sachkundigen Pflegestelle, was zu tun ist. Sie können im Herbst auch eine Futterstelle für Igel bei sich im Garten einrichten, um die Tiere zu unterstützen. Igel haben einen sehr großen Bewegungsdrang, man sollte sie von daher nur so lang wie nötig einsperren. Sie sind auch keine Vegetarier. Anstatt Igelfutter aus dem Fachhandel kann auch eine Mischung aus Katzentrockenfutter und z.B. Rührei angeboten werden. Bitte täglich frisches Wasser anbieten. Igel gehören nicht ins Haus (Ausnahme sind Säuglinge). Dort ist es zu warm, sodass sich Innenparasiten zu stark vermehren und den Igel schwächen können. Am besten ist die Unterbringung in einem wettergeschützten Bereich im Garten, z.B. einem Schuppen.

Die meist für den/die Tierfreund/-in emotionale Situation, wenn man ein vermeintlich in Not geratenes Wildtier beobachtet, verhindert oft, dass man sich für das betroffene Tier richtig verhält. Unsere folgenden Fragen sollen helfen, ein Gefühl dafür zu entwickeln, ob das betroffene Tier wirklich in Not geraten ist. Ist das Tier verletzt? Verhält sich das Tier untypisch für seine Art? Wie lange haben Sie die Situation beobachtet? Welche Jahreszeit haben wir? Handelt es sich evtl. um ein Jungtier? Sind andere Tiere seiner Art in der Nähe, z.B. Elterntiere? Um welche Tierart handelt es sich? Gibt es etwas, das die Situation beeinflusst haben könnte (z.B. Sturm, Fensterscheibe, Straße, Katze, Hund, Rattengift, kaputtes Nest, etc.)?

Sofern Sie einen Notfall melden möchten, wenden Sie sich zunächst an die Polizei oder den zuständigen Jagdpächter. Die Annahme von Tieren bei uns in der Station ist generell von 08:30 bis 16:30 Uhr nach Absprache möglich.

Transport und kurzzeitige Unterbringung

Grundsätzlich gilt: Eng und dunkel ist besser − weniger Platz ist hier mehr. Zudem braucht das Tier vor allem Ruhe, denn in der Regel ist es durch die Verletzung, ein Trauma und den menschlichen Kontakt sehr gestresst. Die meisten Tiere sollten am besten in einem Karton mit kleinen Luftlöchern transportiert werden. Auf den Boden legt man am besten ein Handtuch oder Haushaltspapier, so dass das Tier nicht rutschen kann und Kot und Urin besser aufgefangen werden. Greifvögel dürfen auf keinen Fall im Käfig transportiert werden. Sie können sich sonst das Großgefieder zerstoßen. Auch die meisten kleineren Säugetierarten sollten immer in Kartons transportiert werden. Werden sie in Käfigen verwahrt, können sie sich an den Gitterstäben starke Verletzungen zuziehen. Spechte und Kolkraben sollten in Transportbehältern oder einem stabilen Korb mit verschließbarem Deckel befördert werden, denn sie könnten sich aus einem normalen Karton heraus hacken. Auch Greifvögel, Eichhörnchen und Marder sind darin am besten aufgehoben. Den Korb bitte mit einem Handtuch abdecken, um weiteren Stress durch Sichtkontakt zu vermeiden.

Notfall-Futter

Junge Singvögel können mit ungewürztem Rührei oder abgetöteten Fliegenlarven aus dem Angelbedarf gefüttert werden. Junge Säugetiere brauchen spezielle Aufzuchtmilch. Das Pulver gibt es im Fachhandel und bei einigen Tierärzten. Als Basis Fenscheltee verwenden. Bitte niemals fertig angerührte Katzenmilch (Catmilk) geben, denn sie enthält nicht die notwendigen Nährstoffe! Greifvögel und Eulen können mit Hühnerherzen gefüttert werden. Bitte niemals Hackfleisch verfüttern! Für alle Wildtiere gilt: Weder Kuhmilch, Hundenassfutter noch Schweinefleisch verfüttern! Davon können Wildtiere Durchfall bekommen oder krank werden!